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1._Bericht_Titelbild_Impressionen_©Stagetime.ch.jpg

14.+ 15. Juni 2019

Pride Festival

Sechesläuteplatz + Stadthausanlage Zürich

Wer glaubt, das Pride Festival sei nur eine grosse Party, täuscht sich gewaltig. 

Bei der Pride-Bewegung geht es um nicht weniger als Menschenrechte wie die Ehe für alle oder - was mich noch nachdenklicher gemacht hat - um Schutz vor Diskriminierung für Homosexuelle Transmenschen, Nonbinäre Menschen und alle die sich zur LGBIQ+ Community zählen.

Vor 50 Jahren stellten sich eine Gruppe Menschen in der Stonewall Inn Bar in der Christopher Street in New York den entwürdigenden und diskriminierenden Razzien der Polizei. Die Ausschreitungen dauerten sechs Tage an. Sechs Tage? Wie oben erwähnt, muss die LGBIQ+ Community auch im Jahre 2019 für ihre Rechte, insbesondere für gesetzlichen Schutz, kämpfen. Erschreckend und für mich nicht nachvollziehbar wie rückständig unsere ach so tolerante Gesellschaft ist! Das ist der Grund wieso es das Pride-Festival –l   immer noch – braucht. Es ist also eine politische Veranstaltung und Demonstration und kein Umzug wie die Fasnacht. 

 

Von 1979 bis 2008 wurde der Christopher Street Day in diversen Schweizer Städten begangen. Gefeiert wurde einzig, dass es politisch immer wieder einen Schritt vorwärts ging. 2009 wurde aus dem «CSD» das Pride Festival. 

Es standen also unter dem Motto «Strong in Diversity» mit 50 Jahren Stonewall und 25 Jahre Zurich Pride Festival zwei Jubiläen an. Natürlich darf da gefeiert werden und wie es sich für die Community gehört, ist so eine Feier bunt und zum Teil schrill. Aber es ist zum grössten Teil friedlich.

 

Erstmals zog man vom Kasernen Areal auf den Sechseläutenplatz direkt vor das Opernhaus, welches schon eine Woche zuvor in den Regenbogenfarben beleuchtet wurde. Die Stadt Zürich putze sich dieses Jahr nicht nur mit der Regenbogenfahne beflaggt heraus. Ebenfalls wurden Fussgängerstreifen und die Strassenschilder LGBIQ+ Community gerecht verschönert. Man sollte sehen, dass die Strassen allen Menschen gehören. 

 

Auf der Stadthausanlage beim Bürkliplatz präsentierten verschiedenen Verbände und Organisationen ihre Angebote. Es gab ein History Zelt, in dem man die Geschichte von Stonewall und die der Pride-Bewegung nachlesen konnte. Für eine ausgelassene Stimmung sorgte die Schlagerbar. Auf der Politikbühne kamen einige Menschen zu Wort, die sich viel besser mit der Thematik und der gegenwärtigen politischen Lage auskennen als ich. Deshalb und wegen einem dicht gedrängten Programm konzentrierte ich mich auf die Festbühne auf dem Sechseläutenplatz.

 

Um 17:00 Uhr präsentierten Moderator Alexander Wenger und Drag Queen Paprika mit dem Trio Dead Milliy eine Alternativ Rockband aus Zürich. Die drei Frauen gaben gleich mächtig Dampf und rockten vor einem noch kleinen Publikum. Spass auf der Bühne schienen sie dennoch zu haben. 

Nach kurzweiligen 45 Minuten kam mit dem Trio Timebelle der Schweizer Beitrag für den European Song Contest 2017. Als neutraler Zuhörer nahm man sie zwar wahr aber so richtig überzeugen konnte die Drei mich mit ihren einfachen Popsongs zumindest nicht. 

 

Es folgte ein Showblock, dem ich im Vorfeld nicht viel Gutes abgewinnen konnte. Die 90er waren und sind bis heute in meinen Ohren ein dunkles musikalisches Kapitel, obwohl die Schweiz mit DJ BoBo so zusagen den Eurodance-«Papst» hat. Für den Aargauer Ex-Bäcker reichte es dann doch nicht. Dafür kam man in den seltenen Genuss Whigfield live zu hören. Mit Ihr standen vier Tänzer/Innen der Maddancers aus Zürich auf der Bühne. Die Maddancer waren das Salz in der musikalischen Suppe. Whigfield spazierte zwar munter in ihrem pinken Gummianzug umher, aber die Animation kamen klar vom Nachwuchs im hinteren Teil der Bühne. 

 

Ganz anders ging die Post bei Rednex ab. Die Schweden haben mich vor rund 19 Jahren extrem enttäuscht. Damals war Ihr Auftritt einfach nur niveaulos und peinlich. Ganz anders bei ihrem Auftritt an der Pride. Die Schweden rannten, sprangen und wirbelten mit ihren Instrumenten, die nicht am Verstärker angeschlossen waren, umher und sangen dabei noch live. 

Das Ganze wirkte chaotisch, wild und gleichzeitig fanden sie immer wieder zu einer Choreografie zurück. Das war echt grosses Kino. Mittlerweile füllte sich der Platz vor der Bühne und die Stimmung stieg mit jedem Song von Rednex mehr an. In dieser Verfassung liesen sie die negativen Erfahrungen vergessen. 

Rednex|©Stagetime.ch.jpg

«Bailandooo, Bailandoo …» Es war ein furchtbarer Ohrwurm und bis heute der bekannteste Hit von Loona. Die Niederländerin hat aber noch einige Songs, die man nicht so kennt, aber immer noch für viel gute Stimmung sorgen. Die bald 45-jährige Sängerin liebt es, ihr Publikum in ihre Show mit einzubeziehen. So kam sie kurz in das Fotografen-Revier, den Pit, stieg über die Barrikaden und setze sich einem Besucher auf die Schultern. Der junge Mann trug sie ins Publikum, wo sie einen Song performte und für viele Handy-Fotos posierte. 

Bei Loona durften die Maddancers nochmals ihr Können zeigen. Diesmal war aber der Star ein Teil der Gruppe und tanzte mit den drei Jungs und der jungen Damen mit. 

Nach dem Eurodance-Block musste ich zugeben, das meine Zweifel unbegründet waren. Anscheinend ist dieses Musikgenre wie ein guter Rotwein, je älter je besser.

Loona_©Stagetime.ch.jpg

Die Pride gibt es nur weil rund 200 Freiwillige sich für die Sache einsetzen. dazu gehört auch ein grosses Küchenteam, das sich für das leibliche Wohl dieser Helfer und Künstler einsetzt. Unter nicht einfachen Bedingungen werden mehrere Menüs für jeden Geschmack zubereitet. Für diese Topleistung verdienen Marie und ihr Team den allen grössten Respekt. Dank des guten Essens habe ich dann prompt Comedian Frank Richter verpasst.

 

Dafür war ich bei Drag Queen Petra dabei als sie ihren letzten Auftritt nochmals so richtig zelebrierte. Der Wunsch nach einer Zugabe erfüllte Petra noch, danach sagte sie nur noch «Tschüss» und dass es für sie so passe und verliess die Bühne. 

Gespannt war ich auf die Punkrockerinnen von Pussy Riot. Die Russinen sind als regierungs- und kirchenkritische Band berüchtigt. In Russland braucht es für diese Haltung schon viel Mut. Musikalisch war es aber dann weniger Punk, sondern mehr experimenteller Dup Step, der zu gewöhnungsbedürftig war. Dazu kommt das der Sound sehr schlecht abgemischt war.

Optisch war ihr Auftritt recht interessant, da sie mit fluoreszierendem Licht eine düstere Stimmung auf die Bühne brachten. So richtig anfreunden konnte ich mich aber mit den Russinnen nicht.

Pussy_Riot|©Stagetime.ch.jpg

Eigentlich erwarteten viele den Auftritt von Luca Hänni. Der Berner Musiker brachte zum einen das Kunststück fertig am ESC in Tel Aviv (Israel) in den Final zu kommen und zum anderen den hervorragenden vierten Schlussrang zu belegen. Dumm ist nur das Hänni mitten in den Tournee-Vorbereitungen steckt und deshalb nicht in der Lage ist ein vernünftiges Konzert zu spielen. 

Um seine Single «She Got Me» zu performen, reichte es dann doch noch. Man kann vom DSDS-Gewinner halten was man will, aber wenn es drauf ankommt, ist er bereit und bringt das was seine «Fännis» wollen. Und das verdient Respekt. Sein Kurzauftritt begeisterte jedenfalls und brachte die rund 25’000 Besucher/Innen zum Tanzen. 

 

Nach dem Co-Moderatorin Paprika als letzte Künstlerin noch performte, war der erste, sehr ereignisreiche Abend vorbei. 

 

Wenn es perfekte Abende gibt, war das einer von denen, die man nicht so schnell vergisst.

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All Picture ©by Stagetime.ch

Zurich Pride 

2019 

Demonstration

und

Fest Sechseläute Platz

Für mich war es nicht nur die erste Pride-Demonstration, sondern überhaupt die erste Demo, an der ich aktiv teilnahm. 

Bevor sich der Demonstrationszug in Bewegung setzte, gab es noch ein paar kurze politische Ansprachen. Wie oben erwähnt, Politik ist nicht meine Welt, deshalb gehe ich nicht näher drauf ein. 

Die Demonstration war mit 70 Organisationen und Gruppen, bestehend aus Grosskonzernen, Kulturinstitutionen und der LGBIQ+-Community nahe stehenden Vereinen, die grösste aller Zeiten. dazu kam mit mehreren Zehntausend Teilnehmer/Innen ebenfalls ein Rekord. 

Es war ein friedliches Fest, das auf der Strasse vom Helvetiaplatz aus Richtung Bahnhofstrasse und dann zur Stadthausanlage zog.

Hinter den Lastwagen wurde ausgelassen zur Musik aus verschiedenen Genre getanzt. Natürlich durften die Protestschilder mit verschiedenen Botschaften nicht fehlen. Wie eingangs erwähnt, es war eine politisch motivierte Demonstration mit klaren Forderungen.

Mir wurde das bunte Treiben dann doch einmal zu viel, deshalb machte ich einen Spaziergang zum Bahnhof und fuhr von dort weiter zum Festgelände. Auf dem Sechseläuteplatz angekommen, hörte ich schon von weitem den DJ, der mit elektronischem Sound für Stimmung sorgte. Zu Beginn des offiziellen Teils gab eine Open Mic Session, bei dem junge Künstler/Innen aus der Community vor einem grösseren Publikum auftreten durften. Die vier Talente sorgten mit ihren eigenen Songs für gute Stimmung, bevor sie nach einigen Wochen wieder im Alttag untergehen. 

Es folgten weitere politische Ansprachen, unter anderem von der Zürcher Stadtpräsidentin Corinne Mauch, die bekanntlich lesbisch ist. Sie überzeugte mit ihren Worten am meisten, weil sie aus ihrem Leben erzählte. Dies kam sehr ehrlich bei den Menschen an. Ganz anders empfand ich die Worte von Ruth Genner. Die ehemalige SP-Parteipräsidentin wirkte so trocken, dass man sich eher an einer Vorlesung an der Uni vorkam als an einem grossen Fest. 

Die Ansprachen waren sicher wichtig und gut im Programm integriert, so wirklich Begeisterung kam logischerweise nicht auf. Schade, denn das wäre ja das Ziel, die Politik zum Umdenken zu bringen. Aber wenn natürlich Ansprachen nicht gewürdigt werden, wieso sollte die Politik das tun. 

 

Es war auch niemand traurig, als danach wieder musikalische Unterhaltung anstand. Der Chor Rosa ist ein Verein mit Menschen aus der Community, die Lieder von Rock bis Klassik im Repertoire haben. Queen-Songs eignen sich da natürlich perfekt, um wieder Stimmung unter die Besucher/Innen zu bringen. Der Chor Rosa traf mit ihrer Songauswahl direkt ins Schwarze. Leider war ihr Auftritt etwas kurz, da hätte man gerne länger zugehört. 

Chor_Rosa_©Stagetime.ch.jpg

Mit Dodo and Friends und anschliessend Ayo Hope kamen gleich zwei Mundartkünstler aus dem Reggaeton / Hip Hop. Es war wohl der Versuch, auch jüngeres Volk auf den Platz zu holen. Dies ist zum Teil sogar gelungen. Dafür nutzten die älteren Besucher/Innen die Zeit, um sich zu verpflegen. Das Food-Angebot war sehr reichhaltig und abwechslungsreich. 

 

Wegen einer heftigen Sturmwarnung musste die Stadthausanlage geräumt werden. Es hat dort viele Bäume die bei Blitzeinschlag natürlich Lebensgefahr bedeuten können. Die Verantwortlichen hatten die Situation jederzeit im Griff, die Infos kamen rechtzeitig, so dass sich alle in Sicherheit bringen konnten. Dafür wurde es im Helferzelt und im Backstage etwas voller. Der guten Stimmung bei Helfer/Innen, Gästen und Artisten tat dieses Gewitter keinen Abbruch. Ein Teil des Publikums suchte sich einen trocken Unterschlupf und die anderen feierten einfach weiter wie es sich gehört. 

Für die kommenden Künstler/Innen wünschte ich mir ein möglichst grosses Publikum. Es stand nämlich eine kleine Burlesque Show mit drei aussergewöhnlichen Künstler/innen auf dem Programm. Eileen Bothways ist trans/non-binäre Drag Performerin. Um eine Burlesque Show zu beginnen, sicher nicht die leichteste Kost. Eileen hat aber bei ihrer Performance eine klare Message, nämlich dass Transbodys genau so schön sind wie alle anderen auch. Sieht man Eileen ohne Kostüm, würde man die Person nicht erkennen. Nur durch Zufall habe ich herausgefunden wie Eileen ohne Maske aussieht. 

Nach dieser einzigartigen Performance kam kein Geringerer als Chris Oh!. Der Mister Gay World 2013 überzeugte gewohnt mit einer grossartigen Tanzperformance und holte das zuerst zurückhaltende Publikum aus der Reserve. 

Eine ganz besonderer Act zeigte Deutschlands Queen of Burlesque Marlene von Steenvag. In Zusammenarbeit mit der Zurich Burlesque Academy kreierte sie von Berlin aus einen Act mit sechs Schülerinnen aus Zürich. Dabei baute Marlene einen bestehenden Act von ihr so um, dass nicht nur sie im Mittelpunkt stand, sondern die Schülerinnen genau so im Mittelpunkt stehen durften. Mit Fächern in den Regenbogenfarben wurde die Performance bunt und passend für die Pride inszeniert. Das Marlene von Steenvag eine Klasse für sich ist, bewies sie einmal mehr. Die Schülerinnen, von denen die wenigsten Bühnenerfahrung haben, waren ebenfalls auf einem top Niveau, bedenkt man, dass sie erst am selben Tag zum ersten Mal mit Marlene proben konnten. Die Choreographie mit vielen verschiedenen Elementen sass aber perfekt, ein grösseren Patzer war nicht erkennbar. Da kann man vor den Damen nur den Hut ziehen. 

Es versteht sich von selbst, das der Burlesque-Teil mein Highlight der Pride war. Während der Show habe ich sogar vergessen, dass es regnete. Der Begeisterung des Publikums nach, ging es wohl nicht nur mir so. 

Burlesque_Act_Marlene_von_Stee

Musikalisch gab es zum Schluss einen begeisternden Auftritt der deutschen Elektro Pop-Band Mia aus Berlin. Nach dieser Powershow und den geforderten Zugaben war Schluss.

Bei der Closing Ceremony kamen ein Teil der Verantwortlichen auf die Bühne. Es hätten gar nicht alle Platz gehabt. Um einen Anlass dieser Grösse auf die Beine zu stellen, braucht viele Menschen, die bereit sind, ihre Freizeit dafür zu investieren. 11 Monate Vorbereitung, damit man zwei Tage zeigen kann, man gehört auch zur Gesellschaft, man ist auch Mensch! 

Closing_Ceremony_©Stagetime.ch

Das Pride Festival 2019 ist zu Ende, die Anliegen der LGBIQ+ Community kann man nicht von einem auf den anderen Tag ändern, das haben die letzen 50 Jahre gezeigt. Darauf aufmerksam machen muss man aber unbedingt und immer wieder, bis es auch der hinterletzte kapiert hat und alle Forderungen erfüllt sind.

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